Im Jahre 2200


Der oberste Kommandeur der Raumflotte schnaubte. "Oh nein! Das kommt nicht in Frage! Ich schick doch keine drogensüchtige Piratin mit dieser Botschaft los! Seit Jahren bin ich hinter ihr her, jetzt haben wir sie und ich soll sie in unsere Dienste stellen?! Sie soll davonkommen?! Eine Peptid- und Staubdealerin im Auftrag der Raumflotte der Konföderation?! Wahnsinn!!!"

Doch Geheimdienstchef Brewster blieb kühl.
"Die Nachricht muss persönlich überbracht werden. Wir haben noch etwa 100 Stunden, bevor hinter Centauri das Inferno losbricht, wenn wir das nicht schaffen. Sie ist die beste Pilotin. Keiner aus unseren Reihen hätte auch nur den Hauch einer Chance. Sie wahrscheinlich auch nicht. Aber sie ist unsere einzige Option auf den Frieden. Und..." Brewster holte Luft "...der Rat hat es soeben angeordnet."

Kommandeur Delgado wusste, wann er geschlagen war.
"Gut. Ich lehne jede Verantwortung dafür ab. SIE werden alles Weitere veranlassen."

Brewster nickte kurz und lief aus dem Büro. Jede Minute zählte. Eine halbe Stunde später stand er fassungslos in der Zelle von Ridley Deveraux. Sie lag gekrümmt auf der Liege. Offensichtlich war sie misshandelt worden. Blutflecken verschmierten ihren Anzug. Es stank nach Urin, Kot und Schweiß. Aus flackernden Augen sah sie ihn an. "Wasch wolln Sie?" kam es aus aufgeplatzten Lippen. Brewster brauchte eine Stunde, ihr die Lage zu erklären. Sie sackte immer wieder weg, trotz der ärztlichen Behandlung, die er sofort angeordnet hatte.

Elf Stunden später stand sie in seinem Büro, frisch gewaschen und einigermaßen wiederhergestellt. "Ich habe Sie richtig verstanden? Sie gewähren Amnestie und ich bekomme mein Vermögen zurück?" Deveraux sah ihn spöttisch an. Sie hatte schnell begriffen, dass sich die Machtverhältnisse wieder mal geändert hatten. "Das wird nicht reichen, Brewster." Brewster nickte ahnungsvoll. "Was wollen Sie? Wenn wir es Ihnen geben können, werden Sie es bekommen. Aber wir haben keine Zeit mehr! Sie müssten schon unterwegs sein!"

"Ich will mein Schiff. Generalüberholt. Zwei zusätzliche Hyperraumgeneratoren brauch ich. Ich will unbegrenzten Credit in allen Sektoren. Ungehinderten Zugang. Diplomatenstatus. Immunität. Und ich will, wenn ich zurück bin, Rache an Delgado." Der Geheimdienstchef nickte. "Okay. Kriegen Sie. Aber warum wollen sie mit der Beaverette fliegen? Wir haben schnellere Schiffe, bessere..." "Sie ist MEIN Schiff. Ich fliege die Beaverette schneller als Delagdos Piloten ihre Jäger. Und der Hund hätte mich nie erwischt, wenn ich mich nicht im Raumhafen selbst verraten hätte.."

Noch 84 Stunden. 12 weitere gingen für den Umbau drauf. Brewster traf Deveraux auf der Brücke der Beaverette. "Was für ein Schrotthaufen" dachte er. Aber sie stand aufrecht und arrogant vor ihm, nahm den Zylinder mit der Botschaft entgegen und meinte: "Beeilen Sie sich Brewster. Runter von meinem Schiff, ich will starten!"

Als sie allein war, ergriff sie die Steuerhörner. Sie stand breitbeinig vor dem Panoramaschirm und konzentrierte sich. Zwei Ampullen Peptid und ihr Spezialdrink, der außer Staub noch eine ausgefeilte Mischung an Dopamin, Testosteron und Endorphinen enthielt, rauschte durch ihr Blut. Sie blinzelte. Rote Schleier waberten vor ihren Augen. Ridley versuchte "das Gefühl" zu bekommen. Es dauerte... Dann war "es" endlich da. Kraftvoll riss sie die Hörner nach oben. Die Beaverette brüllte auf und schoß aus den Halterungen.. Die Sterne wurden zu Strichen..Ridley suchte, suchte ..DA war es. Sie hatte das trichterförmige Wurmloch gefunden und trieb das Schiff hinein.

Brewster stand fassungslos im Raumhafen und sah der Beaverette nach - oder besser: starrte auf den Fleck, wo sie eben noch gewesen war.

Wurmlöcher waren unstet wie Tornados. Unmöglich, vorauszusagen, wo sie sich gerade befanden. Noch unmöglicher aber, zu wissen, wohin sie einen führen würden. Und doch gab es einige wenige Piloten, "Wellenreiter" genannt, die Wurmlöcher "lesen" konnten. Deveraux war eine davon. Und die einzige, die immer wieder zurückgekommen war.

Wie alt mochte sie sein? Brewster überlegte. Delagdo hatte sie sein halbes Leben lang gejagt. 30 Jahre bestimmt. Dabei sah sie aus, als wäre sie gerade 25 geworden. Groß, schlank, fast hager. Kurze Haare, blitzblaue Augen und einen breiten schmalen Mund hatte sie. Ständig unter Strom, hektisch, agil, nervös, unberechenbar. Wie die Wurmlöcher, die sie mit der Sicherheit eines Trüffelschweins fand. Noch 70 Stunden. Brewster fragte sich, wie sie wach bleiben konnte, so lang.

Die Beaverette ächzte. Gewaltige Gravitationskräfte zerrten an der Struktur. Ridley stand jetzt seit 6 Stunden auf der Brücke. Sie durfte keine Sekunde ihre Konzentration verlieren. Von Zeit zu Zeit trank sie aus einem Schlauch, der direkt in ihren Mundwinkel führte. Für das Rezept der Drogenmischung in der 20-Liter Gallone über ihrem Kopf hätten andere Dealer ihr halbes Leben gegeben. Ridley hatte dieses Rezept reich gemacht. Und: Ohne den Staub, die Peptide, würde sie "das Gefühl" verlassen - und sie brauchte diesen siebten Sinn. Das Schiff tauchte unter einer Sonne hindurch. Ridley nutzte die Anziehungskraft für einen weiteren Beschleunigungsschub und suchte das nächste Loch.

Als sie es fand und mit Vollschub hineinraste, merkte sie, wie es heiß zwischen ihren Beinen wurde, heiß und nass. Lustvoll überließ sie sich dem Gefühl, mit beinahe Lichtgeschwindigkeit durch den Raum zu schießen und währenddessen zu pissen. Sie verschmolz mit dem Schiff, mit der Geschwindigkeit, überließ sich ganz den Kräften um sie herum und in ihr. Als die Beaverette das Loch verließ, stöhnte Ridley vor Wonne. Eine Achterbahnfahrt in die Freiheit, keine Gesetze, keine Scham, nur das Schiff und sie.
Als sie auf den Zielbogen nach Centauri einschwenkte, 50 Stunden vor der Zeit, stellte Deveraux das Schiff auf Automatik um. Sie griff sich zwischen die Beine und genoss die Berührung mit dem warmen, feuchten Stoff ihrer Hose. Langsam begann sie, sich zu streicheln, zu reiben. Schwall um Schwall floß es heiß aus ihr heraus, rann durch ihre Finger und lief warm und tröstlich ihre Beine hinunter.

Es kam ihr genauso anstrengungslos und fließend, wie zuvor ihr Saft.. Ein sehr geiler ziehender Orgasmus, den sie bis in ihre Kieferknochen zu spüren meinte und dem sie lange nachspürte.

Ridley duschte, zog sich die bereitgestellte Uniform an und vollendete ihre Mission auf Centauri.

Sie ist nicht zurückgekehrt. Rache an Delgado? Wozu.

Ausgestattet mit allen Insignien der Freiheit durchstreift sie die Sektoren, immer auf der Jagd nach Wurmlöchern, nach dem Wellenreiten, das sie so liebt.

Zuweilen wird sie gefragt: Wie lernt man, so zu fliegen? Was ist Ihr Geheimnis?
Ridley Deveraux lächelt nur und meint: "Loslassen können."


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