Auf der Schanze


Jürgen kenn ich richtig lange. Wir haben mal in einer WG zusammen gewohnt. Er war damals schon ein sexueller Pirat :-). Experimentierfreudig, offen polygam und: heiß begehrt. Auf seiner Tür stand "Pornographie und Liebe" in roten Buchstaben - und jede, die sich hinter diese Tür begab, konnte sicher sein, in seinem Bett zu landen.

Dabei war Jürgen nicht etwa baggerig oder notgeil. Er liebte die Frauen, so einfach war das. Am liebsten alle, die sich lieben lassen würden. Neugierig war er, neugierig und zärtlich... Er konnte einer Frau binnen Minuten das Gefühl geben, sie sei das einzig Wichtige für ihn auf der ganzen Welt. Und das war kein Trick. Es war wirklich so.
Es dauerte nur nie länger als genau die Zeit, in der er mit ihr zusammen war. Jürgen sagte das auch immer vorher -was ihn nicht davor bewahrte, dass ständig Mädels mit gebrochenen Herzen hinter ihm her jammerten... Ich kann gar nicht zählen, wieviele verliebte "Gewesene" ich damals in der WG Küche trösten musste..

Glücklicherweise war ich zu der Zeit so ähnlich drauf wie er. Ich wollte keine feste Beziehung und experimentierte so herum. Obwohl er mir sehr gefiel, was erstaunlich war (er war gar nicht mein Typ), hielt ich ihn auf Abstand. Er nahm das nicht krumm, im Gegenteil. Wir akzeptierten einander und führten lange Gespräche über die Liebe, die immer nach Vollendung strebt.. Ich meinte oft zu ihm, dass er es eigentlich zu leicht hätte. Fast zwei Meter groß, schlank aber nicht dürr, hellblond, blauäugig - und dann dieser Hans-Albers-Blick! Was sollte so ein Mädel denn machen, wenn sie ihn sein Netz geriet? Aber er lachte mich aus und schwor, er wäre genauso erfolgreich, wenn er 1,50m klein wäre, glatzköpfig und hässlich wie die tiefdunkle Nacht. Angeber..!

Kurz bevor ich auszog, passierte es dann doch. So quasi als Abschiedsgeschenk stiegen wir miteinander in die Kiste.. und diese Nacht gehörte zu den schönsten, aufregendsten und heitersten meines bisherigen Lebens. Erstaunlicherweise ging es ihm ähnlich und er schlug mir am nächsten Morgen ein ungewöhnliches Arrangement vor:
"Caro, was meinst du, wollen wir nicht in lockerem Kontakt bleiben? Egal, wo es uns beide in Zukunft hin verschlägt, aber wir sollten das unbedingt wiederholen, und zwar immer, wenn uns danach ist. Ganz egal, ob wir nun später mal gebunden sind, oder nicht. Du kannst damit umgehen, das weiß ich....." Ich überlegte keine Sekunde. Klar! So würden wir es machen.

Und so geschah es auch. Wir knallten drei- viermal im Jahr aufeinander, mal in seiner Bude, mal in meiner - hatten eine Menge Spaß und trennten uns in bestem Einvernehmen.

Zu jener Zeit streunte ich eines Nachts über die Schanze. Die Schanze (eigentlich das Schanzenviertel) ist ein sehr lebendiger Stadtteil von St. Pauli in Hamburg. Dort tobt das alternative Leben und die Nacht ist nie vor dem Tag zu Ende. Ich hatte mir angewöhnt, von Zeit zu Zeit nachts um die Häuser zu ziehen, auf's Geratewohl in die Clubs oder kleinen Bühnen einzufallen - hauptsächlich, um Leute kennenzulernen, die "anders" waren. In dieser Nacht lief ich die Max-Brauer runter und sah schon von Weitem, dass auf dem Bauspielplatz wieder mal ne Punkerfete stieg. Das verhieß Einiges.

Nun sind Punks nicht immer friedlich drauf, also ging ich erstmal zum Bretterzaun und sah durch eine Lücke hindurch. Um ein Riesenlagerfeuer waren etwa 50 Leute gruppiert, unterhielten sich und tranken. Die Musik war erträglich... Gerade als ich überlegte, ob ich es wagen könnte, in meinem eher "unpunkigem" Outfit dazuzustoßen, sprach mich jemand von der Seite an. "Na du? Ich wollte gerade Bier holen gehen, wenn du mitkommst, kommen wir zusammen zurück, dann gibt es keinen Stress." Ich drehte mich um, wollte gucken, wem die warme dunkle Stimme gehörte.
Er war lang und sehr schlank, hatte schwarzgefärbte Haare, die ihm an einer Kopfseite nach oben standen.. die andere war ausrasiert. Ohrringe, Piercings in den Augenbrauen und der Nase, ganz schwarz gekleidet - mit vielen Nieten an den Klamotten - aber irgendwie hatte er was. Er war nicht runtergekommen oder schmuddelig, weder besoffen noch auf Droge. "Ich heiß Edi" meinte er und zeigte mir beim Lächeln seine weißen unregelmäßigen Zähne. "Caro" grinste ich. Wir gingen zum Kiosk.

Schwer beladen mit Bier (er) und Wein (ich) kamen wir am Bauspielplatz an. Ohne große Umstände wurden wir im Kreis aufgenommen und eine halbe Stunde später hätte niemand mehr vermutet, dass ich neu in der Gruppe war.
Edi saß neben mir und wir redeten über Mucke, Bands, die wir beide mochten - Hamburger Musiker. Rio Reiser kannten wir beide persönlich und ich stellte erstaunt fest, wie klug Edi war, wie ruhig und analytisch er über die Szene sprach. Er gefiel mir. Er gefiel mir immer mehr.

Nach und nach wurde unser Gespräch "körperlicher". Edi und ich waren -natürlich wegen der Kälte- aneinander rangerutscht, er hatte den Arm um mich gelegt, klar, das war praktisch, wegen besser sitzen und so. Und er strich mir dann und wann wie zufällig das Haar aus dem Gesicht -sicher, damit er mich besser sehen konnte.. :-). Als er begann, mit seiner warmen samttrockenen Hand meinen Nacken zu kraulen, seufzte ich wohlig...

Fünf Minuten später lagen wir uns in den Armen. Er küsste mich sorgfältig, bedachtsam, von Schnurren und Murmeln unterbrochen, auf die Lippen, die Wangen, den Hals, überallhin, wo er nackte Haut finden konnte. Hingerissen sog ich seinen Duft ein.. Wein, Tabak, Leder und etwas, das wie nach dem schweren Aroma von Jasmin roch und das ich von irgendwoher kannte - mir fiel nicht ein, woher, aber es war so vertraut.
Ganz berauscht war ich von ihm, seinen Händen, seinem Mund...

Plötzlich hörte er auf, sah mir ins Gesicht. "Caro, ich möchte mit dir vögeln, jetzt. Kommst du?" Er stand auf und reichte mir die Hand. Ich nahm sie, er zog mich hoch und hinter sich her bis zu einem Spielhaus in der hintersten Ecke des Platzes. Es war eng dortdrin, aber gemütlich. Edi legte unsere Klamotten auf die kleine Bank, damit wir es weich hatten. Als er sich zärtlich auf mich legte, schloss ich die Augen.... Da fuhr er mir mit einem Unterarm hinter den Kopf, zog meinen Nacken nach oben bis mein Gesicht ganz nah vor seinem war. "Caro, sieh mich an!" Seine Stimme war jetzt drängend und bestimmt. "Sieh mir in die Augen! Ich hab es so satt, dieses autistische Rumgebumse! Sieh mich an!!"
Und ich sah ihn an.

Sah, wie es um seine Augen herum zuckte, als er in mich eindrang, ganz hart und doch mit unerwarteter Sanftheit. Sah, wie sich die Muskeln an seinen Wangen bewegten, wie er den Mund öffnete, als er schneller wurde. Sah, wie sich seine Pupillen weiteten, als er explodierte. Und sah seine ganze Zärtlichkeit, seine Hingabe, SAH ganz nah, wie sehr ein Mann sein ganzes Selbst verströmte, im Moment des Höhepunktes.

Es war sehr neu für mich - und einfach unglaublich.

Alle Lust, die ich empfand, wurde ein Teil seiner Lust, steigerte sich damit und stieg mir in die Kehle. Ich hörte mich ganz hoch aufjammern, als es mir kam..
Atemlos lagen wir nebeneinander, glücklich, lachend und Unsinn redend. Viel viel später, als es schon hell war, zogen wir uns an und schlenderten engumschlungen über den inzwischen verlassenen Platz.
Am Bretterzaun, dort, wo wir einander begegnet waren, nahm er meine Hände in seine und meinte "Das war das Glück. Hast du gemerkt, wir haben uns erkannt, im biblischen Sinn. Sowas kann man nicht erzwingen oder planen. Ich bin nicht wie andere. Du auch nicht. Ich will deine Telefonnummer nicht haben und ich hab selber keine, die ich dir geben könnte. Aber eines sage ich dir: wenn wir uns das nächste Mal sehen, werden wir es wieder tun, unweigerlich."

Staunend stand ich da. Er hatte Recht. Der Moment dauerte noch, aber das rauschhafte Glück hatte sich schon ein wenig zurückgezogen, lächelte uns von Weitem zu und wandte sich zum Davonfliegen. Edi ließ meine Hände los, drehte sich um und ging. Ich sah ihm nach. Auf dem Weg nach Hause wirbelten meine Gedanken durcheinander. Es schien alles so richtig gewesen zu sein, und doch...

Drei Monate später rief Jürgen an.

"Ich bin gerade aus Bali zurück und hab solche Lust, dich zu sehen! Magst du vorbeikommen? Am liebsten gleich heute abend?" Seit Edi hatte ich mir alle sexuellen Abenteuer versagt, weil ich nicht glauben konnte, dass irgendetwas dieses Erlebnis toppen könnte, und weil ich die Erinnerung daran nicht durch spätere verblassen lassen wollte. Aber bei Jürgen war das ganz was anderes. Auf Jürgen hatte ich immer Lust :-). Ich sagte begeistert zu und stand gegen 20 Uhr vor seiner Tür.

Er hatte offenbar noch nicht mit mir gerechnet (meist war ich sonst erst gegen 22 Uhr erschienen) und strahlte mich überrascht an. "Ey! Das ist ja geil, dass du schon da bist! Komm rein, geh mal in die Küche, da steht Kaffee - ich muss noch kurz ins Schlafzimmer, aufräumen.." Sorgsam vermied er jeden Körperkontakt. Das war auch ganz gut so, weil bei Jürgen und mir aus einer einfachen Begrüßungsumarmung binnen Minuten so eine Art stehender Geschlechtsverkehr in Klamotten zu werden pflegte. Und das wollten wir uns lieber aufheben :-).
Als er sich gerade umdrehte, um ins Zimmer zu gehen, hörte ich die Dusche rauschen. "Nanu??" fragte ich irritiert. "Noch jemand da?"
"Och, das ist nur ein guter Freund. Der duscht ab und an bei mir und der weiß auch, dass ich heute Besuch kriege" meinte Jürgen fröhlich und verschwand.

Ich ging in die Küche und machte mir einen Becher Kaffee. Mit dem Hintern an die Spüle gelehnt, sah ich gerade aus dem Fenster den Möwen zu, als eine dunkle warme Stimme nach mir griff: "Nee nich?? Das ist jetzt nicht wahr. Caro, DU?!"
Vor Schreck fiel mir der Becher runter. In der Türzarge stand Edi, nur mit einem Handtuch um die schmalen Hüften, frischgeschrubbt und leuchtend. Im nächsten Moment flog er durch die Küche, umarmte mich so heftig, dass ich kaum Luft bekam und sprudelte in mein Ohr: "Wenn du wüsstest, wie ich dich gesucht habe! Ich hab überall nach dir gefahndet, überall, du warst weg weg weg und ich hätt mich in den Arsch beißen können für meinen Text damals, Gott war ich blöd, boah, dass ich dich wiedergefunden hab..!" Seine Wiedersehensfreude war nicht geheuchelt. Deutlich spürte ich seinen steifen Schwanz gegen meinen Bauch drücken :-).

Aus Richtung der Tür hörten wir plötzlich ein erstauntes "Na, was ist DAS denn hier?" Edi und ich stoben auseinander. Jürgen betrachtete uns amüsiert. Mit Blick auf Edis Harten meinte er "Das ist jetzt nicht etwa diese sagenhafte Bauspielplatzfrau, von der du mir sein einem Vierteljahr erzählst, oder?" Edi hatte sich wieder etwas gefangen. "Und sie ist nicht zufällig deine Viermal-im-Jahr-Affaire, was?" Die Situation wurde mir zu krass. Ich schnappte mir meine Tasche und wollte raus auf den Flur, aber Jürgen hielt mich auf.
"Halt halt halt, bleib bitte hier. Wir sollten uns erstmal hinsetzen und uns einkriegen."

Wir saßen also am Küchentisch und Jürgen begann: "Ist doch okay, Caro. Von uns dreien hier hat niemand ein Recht auf den anderen. Wir haben keine Beziehungen am Laufen, also auch keinen Grund für Eifersucht. Aber wir sind uns alle gegenseitig wichtig. Ist nur die Frage, wie erwachsen wir damit umgehen... Also, ich will immer noch mit dir schlafen, sehr sogar... was meint ihr?" Er sah uns freundlich an. Keine Spur von Gekränktheit, das hätte auch nicht zu ihm gepasst.
Edi senkte den Kopf, lächelte spitzbübisch und zog die Augenbrauen hoch als er uns ansah: "Okay, gehen wir offen damit um. Ich will mit euch beiden ins Bett."

Das Ganze wurde mir langsam zu akademisch. Typisch WG-Sitte: alles musste immer ausdiskutiert werden. Also stand ich auf und sagte grinsend: "Tja Jungs, dann gebt mir mal genau 20 Sekunden Vorsprung.." Mit diesen Worten spazierte ich ins Schlafzimmer, zog mich in Windeseile aus, schlüpfte ins Bett und wartete mit klopfendem Herzen auf die Dinge, die da kommen sollten.

Draußen vor der Tür hörte ich zwei raue Männerstimmen im schönsten Unisono runterzählen: ".....8...7...6...5...4...3...2..1...- BANZAI!"
Die Tür flog auf und Jürgen und Edi sprangen splitternackt durch den Raum, direkt ins Bett zu mir.

Die erste Viertelstunde lang ich auf der Seite zwischen den beiden und ließ mich streicheln.. Edi umfaßte mich von hinten, küsste meinen Nacken und strich mir das Rückgrat entlang, dass ich vor Wonne ein Hohlkreuz machte.. Jürgen umkreiste meine harten Knospen mit der Zunge und massierte zärtlich meinen glatten Hügel..zuerst mit der Hand, dann ließ er seinen Schwanz zwischen meine Lippen gleiten und rieb langsam vor und zurück - ich zirpte vor Lust... Schließlich hielt er es nicht mehr aus und hob mich an den Hüften auf seinen Harten. Stöhnend ließ ich das Becken kreisen - er war in mir bis zum Anschlag.. Da setzte sich Edi hinter mich..- Sein steifer Schwanz lag heiß an meinem Hintern, drängte zwischen die Backen und entlud sich fast sofort. Während Edi kurz ins Bad huschte, brachten Jürgen und ich es zu Ende. Wir kamen beide sehr schnell, schneller, als wir es von uns gewohnt waren.

Ich ließ mich auf das Bett fallen, Jürgen fuhr sanft mit dem Handrücken über meine zitternden Schenkel.. Als Edi zurückkam, legte er sich auf mich, küsste meinen Busen und drückte sein Becken gegen meins. Verblüfft spürte ich, wie er hart er immer noch - oder schon wieder - war. Diesmal musste er mich nicht erst auffordern, ihn anzusehen. Ich versank in seinen grauen Augen während seine pralle Eichel gegen meine Öffnung drückte - und sich schließlich ihren Weg in die heiße nasse Enge bahnte... So überwältigt war ich, dass ich zunächst gar nicht merkte, wie Jürgen sich hinter Edi kniete... Plötzlich durchzog Edis Gesicht außer bloßer Lust ein jäher Schmerz. Ich hörte Jürgen keuchen: "Edi, Alter... Okay? Okay? Okay?!?!" Und Edi stieß mit verzerrten Gesicht hervor: "Ja! Ja! Mach es mach es mach es..JAAAH!" Ich sah, wie sich Jürgens Arme von hinten um Edi schlossen. Wie er ihm erst den Nacken küsste, dann hineinbiss.. Edi sah mich an. Sah mich an.. Er vögelte mit mir und wurde gleichzeitig gefickt.. Ich hatte so einen Gesichtsausdruck nie vorher gesehen. Lust LUST und Schmerzlust und LUST, Wonne und Widerstand, Ertragen und Hingabe. Und diesmal dauerte es lange...

Als es vorbei war, beugte sich Jürgen über Edi, der völlig erschöpft auf dem Rücken lag. Er strich ihm eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste ihn leidenschaftlich. Edis Arme hoben sich, umschlangen Jürgens Hals und zogen ihn hinunter. Fasziniert sah ich zu, wie beide Männer ineinander verschlungen vor mir lagen.
Da streckte Jürgen einen Arm nach mir aus, umfasste mich und zog mich dazu. "Komm her, komm zu uns..." sagte er sanft.
Aus der innigen Umarmung ergaben sich wieder kleine Zärtlichkeiten, versonnenes Streicheln, prüfendes Tasten...

Die Nacht hatte noch viele Stunden.

Edi ist kurz danach wegen der Musik nach London gezogen.
Jürgen und ich trafen uns noch einige Male. Dann lernte er endlich eine Frau kennen, die das Wagnis mit ihm eingehen wollte, eine Familie zu gründen. Um den Preis seiner Polygamie allerdings :-).

Wir drei sind trotzdem Freunde geblieben.


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